Führt ein hoher Luftdruckunterschied zum Tod von Amphibien?

Amphibien haben wie Fledermäuse eine sackförmige Lunge, die im Gegensatz zur röhrenförmigen Lunge der Vögel flexibler ist. Bei einem schnell auftretenden Unterdruck dehnt sich die sackförmige Lunge schneller aus, was zur Folge hat, dass die Lunge einschließlich der umliegenden Organe stärker geschädigt werden. Daher findet man z. B. unter Windkraftanlagen (der Unterdruck entsteht hier im Umfeld der Rotorblätter) häufiger tote Fledermäuse als tote Vögel. Bei äußerlich unverletzten Amphibien mit heraushängender Zunge oder Eingeweiden könnte der Über- oder Unterdruck durch Fahrzeuge die Ursache sein. Durch das Zusammenpressen des Körpers oder das Ausdehnen der Lunge würden die Zunge und/oder die Eingeweide herausgedrückt werden.

Nach Hummel (2001) ist der Überdruck bei „normalen“ Fahrzeugen vor dem Fahrzeug höher als der Unterdruck unter dem Fahrzeug. Bei Sportwagen mit geringem Bodenabstand könnte sich der Effekt umkehren. Je schneller ein Fahrzeug fährt, desto stärker werden die Druckunterschiede. Er geht davon aus, dass bei höheren Geschwindigkeiten starke Druckkräfte und damit hohe Belastungen auf die Amphibien einwirken, die zum Tode führen können. Dies könnte der Grund dafür sein, dass selbst Amphibien sterben, die nicht direkt durch die Reifen getötet werden.

Mayer et al. (2018) haben an 97 Aga-Kröten (Rhinella marina) die Auswirkungen des Luftdrucks getestet. Dazu wurden Tiere von 1,25 cm bis 15,1 cm Körperlänge und einer Masse von < 1 g bis 454 g mit einer Geschwindigkeit von 50, 80, 100 und 110 km/h so überfahren, dass die Kröten zwischen den Reifen waren. Als Fahrzeug wurde ein Ford Falcon XR6 mit einem vorderen Bodenabstand von 15 cm und einem hinteren von 25 cm eingesetzt, der geringste Bodenabstand lag bei 9 cm. Die Tiere wurden nach dem „Überfahren“ eingesammelt und 24 Stunden beobachtet. Alle 97 Tiere haben es unbeschadet überlebt. Nach den Berechnungen von Hummel (2001) hätten die Tiere aber ab einer Geschwindigkeit von 60 km/h aufgrund der entstandenen Druckunterschiede tot sein müssen.

Hummel geht davon aus, dass aufgrund seiner experimentellen Berechnungen der Luftdruck ausschlaggebend dafür ist, dass die Amphibien sterben, Mayer et al. stellten jedoch an der Aga-Kröte fest, dass dies nicht der Fall ist. Jetzt lassen sich natürlich Aga-Kröten nicht mit Erdkröten (Bufo bufo) oder Grasfröschen (Rana temporaria) vergleichen, dennoch zeigt die Studie von Mayer et al. auf, dass nicht abschließend geklärt ist, woran die bei uns gefundenen, äußerlich unverletzten Amphibien sterben. Dies wäre aber wichtig zu wissen, denn nur wenn man die tatsächliche Todesursache kennt, kann man entsprechende Schutzmaßnahmen einleiten.

Hummel D. (2001): Amphibienschutz durch Geschwindigkeitsbegrenzung – eine aerodynamische Studie. – Natur und Landschaft, 12: 530-533.

Mayer, M., J.A. Lyons, R. Shine & D.J.D. Natusch (2018): Air-pressure waves generated by vehicles do not imperil road-crossing amphibians. – Salamandra 54(1): 80-82.